Überschreite nie den schmerzlichen Punkt…oder doch?!

Überschreite nie den schmerzlichen Punkt…oder doch?!

Ganz schön komplizierte Sache mit dem Langzeitreisen…reist Du in Eile und hakst ein Reiseziel nach dem anderen ab, dann siehst du viel, wirst jedoch nie den sogenannten „Flow“ erreichen, keine persönliche Beziehung zum Land herstellen, nicht „erleben“, nicht genießen und früher oder später einen Travel Burnout erleiden. Dann nimmst Du keine Erlebnisse mehr auf, alle Menschen gehen Dir nur noch auf die Nerven, egal wie nett sie sind, täglich neue Geschichten von Reisenden, Du bist nicht mehr ins soziale Leben integrierbar, ungenießbar, unansprechbar und depressiv.

Um dies zu vermeiden, plane ich von Anfang an, den schönsten Orten etwas mehr Zeit zu widmen. Singapur ist einer dieser Orte. Und hier erlebe ich ein anderes Extrem.

Bei längeren Aufenthalten an einem Ort (nicht beim durchs Land reisen), stellt sich bereits nach etwa 14 Tagen eine unheimliche Vertrautheit und Verbundenheit zum Reiseziel ein, sofern kein festes Abreisedatum feststeht. Ich beginne mich heimisch zu fühlen. Bekannte werden zu Freunden, der Reiseort zum zu Hause. Ich werde „Abreise-Träge“. Verlängere und verlängere den Aufenthalt.

GANZ gefährlich!

So passiert in Singapur.

Inzwischen befinde ich mich 17 Tage hier, geplant waren 3. Ich kenne die Stadt und man kennt mich. Für den Inder im 7 Eleven Shop bin ich Stammkunde, the white guy from tschörmeny. Für Lady (ja sie heißt so) an der Hostelrezeption kein Gast mehr, sondern der Deutsche, der bleibt…während andere kommen und gehen. Der Deutsche, der Nacht für Nacht bis 6 Uhr morgens mit ihr in der Lobby über das Leben in Singapur philosophiert, einen Tick zu sehr interessiert ist an der Stadt, verdächtig.

Ich sehe hunderte von Reisenden ein– und auschecken…doch ich bleibe. Ich verliebe mich in Singapur. Ich erwische mich dabei, wie ich wieder und wieder nachts von einer der unfassbaren Parties heimkommend am LapTop sitze, das Formular für das Arbeitsvisum öffne und nach Jobs suche. VIEL zu früh. Ich bin doch gerade erst 6 Wochen unterwegs. Locals schauen mich ungläubig an, wenn ich von Singapur schwärme und ihnen bewusst wird, wie sehr ich diese Stadt liebe. Für die Einheimischen ist es die langweiligste Stadt der Welt. Sie wissen den Flair Singapurs nicht zu schätzen, doch die Stadt hat Stil. Ich lade all diese Menschen ein, doch mal Deutschland zu besuchen. Sie würden sich in die Steinzeit zurückversetzt fühlen. Eine Woche in der schönen Eifel dürfte sie kurieren.

So stelle ich für mich fest, dass es diesen Punkt gibt, der nicht überschritten werden darf…nach etwa 14 Tagen. Bereits in Koh Phangan fiel mir der Abschied nach 2 Wochen viel zu schwer. Doch jetzt ist es mehr als das…Schmerz! Trennungsschmerz, von der Stadt, der Atmosphäre und einige Menschen, die ich schätzen und lieben gelernt habe. Also, gilt es dies wirklich zu vermeiden?! Nein, denn es bedeutet, dass ich nicht als Tourist hier war, nicht der Durchreisende, nicht nur zu Besuch. Die Trennungen sind härter als gedacht, doch sie sind es wert. Die Zeit bis dahin, mit all ihren Erlebnissen ist unersetzlich, werde ich mein Leben lang in mir tragen.

Gut…wenn ich jetzt nicht den Absprung schaffe, komme ich hier nicht mehr weg. Also Jonny, rette sich wer kann. Ich bin hart zu mir selbst und innerhalb von 5 Minuten treffe ich die Entscheidung einen Flug zu buchen…fange an meinen Rucksack zu packen…versuche diversen Personen zu erklären, weshalb ich weg muss…und mache mich nochmal auf, zum schönsten Punkt Singapurs…Marina Bay.

Doch diesmal aufs Dach des Marina Bay Sands, ich muss mich gebührend verabschieden von Singapur. Die Aussicht von hier oben übertrifft alles, was ich bisher von der Stadt gesehen habe. Ich präge mir nochmal jedes einzelne Detail ein, das Riesenrad mit seinem wechselnden Farbspiel, das Theater, das einer Durian-Frucht nachempfunden wurde, den Hafen und die Skyline der Wolkenkratzer. Im Süden ankern Hunderte von riesigen Kähnen vor der Insel, dem südlichsten Punkt Asiens. Am Horizont tausende von kleinen Lichtern, soweit das Auge reicht…dies ist bereits die Inselwelt Indonesiens.

Genau dort will ich hin…

CU Bali.

I´ll be back Singapore!

Und so verabschiede ich mich von Clarke Quay, der aufregenden Party Meile in der ich mehr Zeit verbracht habe, als in meinem Bett,

von Little India, wo ich 3 wunderbare Wochen unter gut gebräunten Köpfen verbracht habe,

vom modernsten Fitnesstudio, das ich jemals sah, mit der überwältigendsten Aussicht, die ich jemals von einem Laufband hatte,

von der Seilbahn nach Sentosa, deren Kabinen nachts wie Ufos über der Stadt schweben,

von wunderschönen Tempeln,

vom lächerlichen Mann in lila Strumpfhosen in einer Tüte auf der Orchard Road,

tschüss, Götterstatue mit dem enormst langen Lappen,

von 1 Mio. Verbotsschildern (JA, ich habe sie alle gebrochen!),

ich feiere noch eine letzte, der unfassbar guten Partys mit einigen unfassbar coolen Leuten!

Autsch…und genau in diesem Moment spüre ich ihn wieder…diesen unglaublichen Trennungsschmerz.

Weiterlesen macht klug

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4 comments

  1. Melissa Lee

    You should write your travel blog in a book. I’ll be the first to buy it!
    can’t get enough reading it *though I gotta read it through Google Translate 🙂

    • Jonny

      omg, melissa…thanks a lot 🙂

      but it must be horrorable to read it as a google translation, haha.