Per Katamaran durch die Südsee

Per Katamaran durch die Südsee

Eigentlich wollte ich den Artikel „Interview mit einer Lehrerin nennen“. Aber dann hätte ihn vermutlich niemand gelesen. Dabei ist die Geschichte so interessant und aufregend dass sie mich noch tagelang beschäftigt hat. Sie eröffnet völlig neue Perspektiven für Lehrer, aber auch für Kindergärtner oder andere Pädagogen, ihre Arbeit mit Reisen zu verbinden. Per Katamaran durch die Südsee reisen und dafür auch noch bezahlt werden, ein Traum!

Ich liege an einem sonnigen Tag am Strand von Huahine, Französisch Polynesien. Neben einigen spielenden Kindern und Einheimischen liegt noch eine scheinbare Urlauberin am Strand. Wir kommen ins Gespräch, sie ist Deutsche. Als ich jedoch genauer Nachfrage, sagt sie, sie würde arbeiten und sei nicht im Urlaub und dann wird’s interessant:

Cool, Du arbeitest in der Südsee?! Besser geht’s wohl nicht.

Nein ich arbeite nicht genau hier auf der Insel. Nur heute. Morgen fahre ich weiter nach Raiatea und anschließend nach Bora Bora, wenn mich nicht alles täuscht.

Ah, Tourismusbranche?

Nein, ich bin Lehrerin.

In einer Schule? Warum fährst Du dann von Insel zu Insel?

Nein ich bin Lehrerin, genau da! (und sie zeigt auf einen Katamaran)

Da? Auf dem Kahn?

Das ist ein Katamaran.

Das weiß ich auch, aber keine Schule! Was unterrichtest Du da? Reiseübelkeit?

Ich betreue ein kleines Kind. Ich begleite eine deutsche Familie auf ihrem Segeltrip.

(Mir fällt die Kinnlade runter) Wat?! Du segelst hier schön rum und kriegst Geld dafür?

Ja so siehts aus.

Wie bist Du an diesen geilen Job gekommen?

Ich war ganz normale Lehrerein und wollte mal was anderes machen. Irgendwann habe ich diese Anzeige in der Zeitung gelesen. Sie haben jemanden gesucht, der sich um das Kind kümmert, während sie durch die Südsee reisen.

Und wie lange geht der Trip?

Unbegrenzt (!) Das ist kein Urlaubstrip, sie leben auf dem Boot.

(Kinnlade verabschiedet sich in den Sand) Das ist ja ein Traum! Und dann unterrichtest Du den Kleinen? In was?

In allem. Er kann ja nicht in die Schule gehen. So traumhaft ist das im übrigen auch nicht immer.

Erzähl mir was darüber.

Naja, die guten Seiten sind wohl offensichtlich. Unbegrenztes Reisen an die schönsten Flecken dieser Erde. Der Alltag kann jedoch sehr belastend sein. Immerhin hocke ich auf engstem Raum mit der Familie auf dem Katamaran. Kann oft tagelang das Boot nicht verlassen. Ich habe weder Telefonempfang noch Internet. Bin von der Außenwelt komplett abgeschottet. Man versucht sich aus dem Weg zu gehen. Manchmal spielt das Wetter verrückt und es geht im wahrsten Sinne des Wortes drunter und drüber.

Was machst du dann?

Ich verkrieche mich in meine Koje und warte bis es vorüber geht oder hoffe, dass wir schnell anlegen Also das ist schon auch nicht ohne. 

Na komm. Andere träumen von so einem Job.

Ja sicher, es hat schon auch viel Gutes. Ich würde sonst niemals hier in diese Gegend kommen. Das ist so ziemlich das Schönste was sich jemals gesehen habe.

Dito!

Der Preis ist die Einsamkeit. Zeit viel Nachzudenken, manchmal zu viel. Wir reisen von Insel zu Insel, besuchen die schönsten Inseln der Welt, manchmal habe ich 2 oder 3 Tage, die ich an Land verbringen kann, das ist wirklich traumhaft. Und das geht jetzt schon seit 10 Monaten so. Ein Nachteil ist allerdings, dass ich nie wirklich Feierabend habe. Du kannst Dir vorstellen, dass es keine Rückzugsmöglichkeit gibt, einen Ort an dem man mich nicht erreichen kann. Früher hatte ich um 13 Uhr Feierabend und 6 Wochen am Stück Sommerferien. Das ist vorbei. Wenn Dein Chef Dich anruft, gehst Du einfach nicht ans Telefon, das kann ich nicht. 

Muss ich Dich jetzt bedauern?

Ja.

Du kannst mich mal.

Dann kommt ein kleines Boot angefahren. Darauf der Vater mit Kind. Die Lehrerin muss wieder zum Dienst antreten. Gewehr bei Fuß, 24 Stunden, jeden Tag, kein Wochenende, kein Urlaub, das bei normalem Gehalt und keine Chance, das Geld großartig auszugeben, allerdings an den schönsten Plätzen der Welt. Ist das jetzt ein Traumjob oder nicht? Ich musste lange darüber nachdenken. Man ist geneigt diese Frage schnell zu bejahen! Aber die Realität sieht so aus, dass das menschliche Nervenkostüm schnell an ihre Grenzen stößt. Und ich denke nicht, dass sich jemand der um 16 Uhr nach Feierabend gemütlich auf der Couch liegt, Reisesendungen ansieht und von so einem Job träumt, eine Vorstellung davon hat, was für nervliche und körperliche Belastung dieser Job darstellt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frau beneiden oder bemitleiden soll. Zunächst bin ich mal eindeutig für beneiden. Denn während Polynesien mich mit meinen 5 Inselchen ein Vermögen kostet, bereist die Gute das gesamte Inselreich mit mehreren Dutzend Inseln für vielleicht mehrere Jahre und kriegt dafür sogar noch Geld. Außerdem ist dies die ultimative Erfahrung fürs Leben. Der Unterschied, ich bin frei in dem was ich tue und wohin ich Reise, ob ich alleine sein mag oder Kontakt suche. Das gilt nicht für sie.

Für mich stellt sich da eine ganz andere Frage. Jahrelang auf diesem Kahn?!?! Da fängt bei mir schon das Problem an. So viele Reisetabletten, wie ich bräuchte, könnte die Pharmaindustrie gar nicht produzieren. Von Beginn an, betrete ich Boote in der Größenordnung äußerst ungerne. Dennoch sind sie absolut notwendig, um Inseln ohne Flughafen zu bereisen. Dieses Problem stellt sich in Französisch Polynesien glücklicherweise nicht. Jede kleine Insel hat Ihren eigenen Airport.

Es gibt jedoch Orte, die ich gerne per Schiff bereisen. Das müsste dann jedoch ein fetter Kahn sein und nicht so eine Nuckelpinne, ich meine ein wirklich monströses Schiff, irgendwas, was auch einem Tsunami trotzt und wie ein Wolkenkratzer im Ozean steht wie festgeklebt. So was in der Art hier.

Inspiriert hat mich die Geschichte definitiv. Auch eine weitere Begegnung von einem Reisenden, der nur per Anheuerung auf Schiffen, kostenlos um die Welt reist. Hört sich anstrengend an, das Deck putzen, während der Kahn schaukelt, auf keinen Fall. Es gibt aber auch Reedereien, die Fährverbindungen mit wahren Riesenpötten anbieten, das wäre schon eher was für meinen empfindlichen Magen und eine günstigere Reisemöglichkeit als Kreuzfahrschiffe. Zumal diese Schiffe wirklich GROSS sind. So gross, dass man in den von ihnen ausgelösten Wellen sogar surfen kann, wie das z.B. in Warnemünde gemacht wird. Ich finde jemand sollte mir eine Aida-Reise schenken. So rein aus therapeutischen Gründen.

Also alles in allem…Lehrer auf einem Katamaran, super Job! Wenns ein anderer macht!

Man wird Dir nicht schlecht auf diesem Ding?

Doch, manchmal werde ich seekrank. Das ist nicht lustig, vor allem, weil Du nicht vom Boot runter kannst. Nach ein, zwei Tagen gehts dann wieder.

Nach EIN, ZWEI TAGEN???

Klar, Seekrankheit kriegst Du nicht für eine halbe Stunde, es sei denn, Du kommst dann irgendwann an Land an.

Was war das längste, was Du ertragen musstest?

5 Tage! 

Oh Gott!

Ich habe 4 Kilo abgenommen. Also ausge…

DANKE! Zuviel Information.

Wie seht ihr das? 24 Stunden per Katamaran durch die Südsee schippern und dafür auch noch bezahlt werden. Wäre das etwas für Euch?

Weiterlesen macht klug

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12 comments

  1. Melissa Lee

    What we see in others (job) might not as enjoyable as it seems. Thanks for sharing! It’s an eye openers indeed.

    • admin

      yes, mostly its just the surface. If you see the whole job with all pros and cons it might change your view. traveling is hard work, if you have to earn money with it, not just fun.

  2. chiara

    Ist das jetzt ein Traumjob oder nicht? Definitiv nicht!

    • admin

      na also für mich mal definitiv nicht! aber wer einen stabilen Magen hat und sich gut mit sich selbst beschäftigen kann und stressresistent ist, der wird da vermutlich seinen heidenspass auf hoher see haben.

      Sie wirkte jedenfalls nicht himmelhoch jauchzend, eher etwas einsam und melancholisch.

  3. Das ist ja mit Traumjobs oft so, dass sie nur im ersten Augenblick wirklich super aussehen, aber bei näherem Hinsehen eben doch auch ihre Schattenseiten haben. Dabei muss man sagen, dass ein Katamaran doch noch gewisse Vorteile hat. Weisst du, wie die Familie das intern aufgeteilt hat? Kann zum Beispiel die Lehrerin auf der einen Seite schlafen und die Familie auf der anderen?

    Ich habe kürzlich in meinem eigenen Blog ein Paar interviewt, das ebenfalls mit einem Katamaran in der gleichen Weltregion unterwegs ist (Ich habe beim Titel zuerst gedacht, dass das die gleichen sind). Bei ihnen ist es so, dass sie eine Seite des Schiffs zu zweit selber gewohnen und die zweite „Kufe“ jeweils an Mitreisende vermieten. Sie sagen aber, dass sie auf dem Schiff genügend Platz haben, um sich ein bisschen aus dem Weg zu gehen.

    Hier noch der Link zu meinem Interview: http://weltreiseforum.com/blog/im-katamaran-um-die-welt-13-jahre-auf-see/

    • Jonny

      WOW, vielen Dank für den Link! Sehr beeindruckend! Sehr inspirierend! Und absolut unglaublich!

      Was ich mich frage, ist jedoch, wie man ohne finanzielles Polster so ein Boot kaufen kann, das kostet doch sicher 30.000-50.000 Euro.

      Und auch als er mit 25 ohne Kohle gestartet ist, wie hat er sich denn 4 Jahre über Wasser gehalten bis er in Neuseeland war?!

      Weißt Du was darüber?!

      • Er hat das erste Boot selber gebaut. Ich weiss aber nicht, ob das ganz von Grund auf geschah, oder ob es ein Bausatz war. Was ich auf alle Fälle weiss: er hat damit ein paar Jahre verbrachte.

        Unterwegs hat er immer wieder gearbeitet. Denn die Einnahmen durch die Mitsegler sind zwar wichtig, aber letztlich finanzieren sie das Leben nicht ausreichend. Dann arbeitet er jeweils wieder ein paar Monate in Werften.

        Ich mache ja solche Interview regelmässig für meinen Blog, wie du vielleicht gesehen hast. Und ich habe den Eindruck, dass es bei allen Gesprächspartnern immer das gleiche Muster war: Sie haben es einfach irgendwann einmal gemacht und unterwegs dann herausgefunden, wie sie überleben können.

  4. Ich werde zum Glück nicht seekrank und komme mit dem Leben an Bord ziemlich gut klar – für mich wär’s defintiv ein Traumjob!

  5. Pingback: Kosten auf den Cook Islands

  6. Edwina

    Wie genial! Sehr guter Artikel und schön, dass die Realität dargestellt wurde! Manche Leute träumen zu viel und vergessen, was es wirklich bedeutet. So kriegen auch die – ich darf nun leider keinen Namen nennen – großen Gesellschaften in Hamburg Kindergärtnerinnen und Lehramtsstudentinnen für nen Apfel und ein Ei auf die großen Cruisschiffe. Viele sehen nie den Hafen oder gehen an Land – 17h/Tag 7 Tage für mehrere Wochen und Monate.

    Ich bin auch Grund- und Sekundarschullehrerin und hatte genau so ein Jobangebot hatte ich schon zweimal vor der Nase – zwar nicht Bora Bora und Aitutaki aber die Karibik. Klingt alles super, aber der Gehalt ist der gleiche für wesentlich mehr Arbeit und das war damals mein erster Gedanke! Es gibt aber wesentliche genialere Jobs für Lehrer und eine kleine Schulklasse auf Segelbooten mit anderen Lehrern und mehr Schülern. Die Verträge gehen meist auch nicht allzu lange und man kann sich überlegen, ob man verlängert. Unbegrenzt festgenagelt (und nichts anderes ist das) zu sein mit einer Familie – NIE IM LEBEN. Und ich sage mal, wenn man gescheit spart, kann man als Lehrer auch Geld sparen und nach Aitutaki fiegen und die Ruhe genießen. Dann unterrichte ich doch lieber weiter in Australien und bevor man das darf, zahlt man auch einen ganzen Luxusurlaub für Registrierungen etc. 😉