In der Drogenhölle Mittelamerikas
Playa del Carmen ist neben Cancun der Partyort Yucatans. Ich breche abends auf Richtung Stadt. Als ich die ersten Jungs auf der Strasse sehe, quatsche ich sie an, wo man hier zum Feiern hingeht und sie antworten auf Anhieb „Blue parrot“. Das Blue parrot ist ein Beach Club inkl. Innenbereich. Während im komplett leeren Innenbereich Techno läuft, tanzen draußen am Strand die Menschen ausgelassen zu Rn´B, Salsa und Merengue. Ich verbringe die erste Stunde am Strand mit einem leckeren mexikanischen Bier, bevor ich diesen seltsamen Kumpanen kennen lerne. Ich nenne ihn Puk die Fliege, keinen Plan, was er mir für einen Namen nannte. Ein lustiger Mexikaner aus Mexiko City. Wir sitzen einige Zeit zusammen und philosophieren über wichtige Dinge des Lebens. Ganz normal ist der Typ allerdings nicht, wie ich nach kurzer Zeit bereits feststelle. Seine Sonnenbrille nimmt er die ganze Nacht nicht ab. Vielleicht will man seine Augen auch besser nicht sehen.
Als er auf Klo verschwindet und nach einigen Minuten wiederkommt, fehlen ihm die Riemen an den Flip Flops.
„Where are your Riemen?“
„What?“
„Here, the Riemen from your Flip Flops?“
Es ist übrigens scheissegal was ich sage, er versteht kein englisch! Wir unterhalten uns seit Stunden in einer Sprache, die es nicht gibt.
Er erklärt mir, er wüsste es nicht, plötzlich waren auf dem Klo die Riemen weg. Yo, alles klar, der Typ ist mal definitiv auf Drogen. Interessanter ist allerdings die Frage, in was er im zugedröhnten Kopf so alles hinein getreten ist, damit die Sohlen so granatenfest an seinen Füßen kleben bleiben.
Später schnorrt uns eine Mädel nach einer Zigarette an. Wir rauchen beide nicht. Sie quatscht einige Minuten mit uns. Als sie weggeht, kommt ein Schweizer zu uns. Er warnt uns vor dem Mädel. Scheinbar hält sie sich eher schlecht als recht mit ihrem Drogenverkauf in den hiesigen Discotheken über Wasser und schnorrt Touristen an. Er erklärt uns, dass sie nicht mehr besitzt, als die Klamotten, die sie am Leib trägt, einen Rock, ein T-Shirt und ein paar Flip Flop, die meisten der Drogen konsumiert sie schneller selbst, als sie sie verkaufen kann. Daher quatscht sie vor allem männliche Touristen an, übernachtet bei ihnen in Hotels, damit sie nicht am Strand schlafen muss und leiht sich auch gerne mal Geld, dass sie niemals zurückzahlt. Der Schweizer kann ein Lied davon singen, ihm schulde sie bereits 80 Dollar. Scheinbar haben die beiden etwas miteinander.
Die Geschichte des Schweizers haut mich um.
Als Informatiker arbeitet er 6 Monate im Jahr in der Schweiz für 6000-7000 Euro (!!!) Monatsgehalt.
„WAT? Brutto?“Er lacht nur…natürlich netto! Der Mindestlohn für Putzfrauen läge in der Schweiz bereits bei 1500,- Euro. Krass! Krankenschwestern, Kassiererinnen und Co. liegen locker bei 2500,- Euro netto, erzählt er uns und ich sehe mich bereits in Gedanken in Bern beim ReWe an der Kasse sitzen. Naja und die restlichen 6 Monate des Jahres reist er halt um die Welt. Er kommt gerade aus Bolivien. Seinen Job kann er dabei kündigen, er findet als Informatiker problemlos immer wieder einen Job, wenn er in die Schweiz zurückreist. Auch nicht schlecht das Leben…bin ich neidisch?! Scheisse, ja!
Mit ihm und dem Mädel ziehe ich nach einigen Stunden weiter in einen eher versteckten Laden im Obergeschoss eines Gebäudes. „Ein Geheimtipp“ versichert er mir. Hier ist alles loungig eingrichtet. 2 ältere Männer, die nach Drogenbaronen aussehen haben jeweils 2 pussige Mädels im Arm, die wiederum wie Prostituierten aussehen. Was fürn Zufall, oder? Das Mädel von Tyler hängt wie eine Zecke an ihm, „Tyler, hungry, Pizza!“ Er gibt ihr Geld. „Tyler, Pina Colada“ Er gibt ihr Geld. „Tyler, hungry again, pleaaase“ Er schaut sie verständnislos an…und gibt ihr Geld. Aha. Tja, so ist das, wenn man „in“ die falschen gerät.
Er erklärt mir, dass er ihr dankbar sei, dass sie ihn in die Szene eingeführt hat, deswegen will er sich gut mit ihr halten. Sie kennt hier jeden Türsteher, jeden Inhaber und jeden Drogenfutzi, was enorm wichtig sei, um keine Probleme zu kriegen. Ich frage ihn, ob die beiden älteren Typen auf der Couch irgendwas damit zu tun hätten.
„Natürlich“ ist die Antwort. „Jeder hier!“ In schwiezerdütsch erklärt er mit schelmischem Grinsen „Man wir sind hier in Mexiko. JEDER der hier rum läuft, zieht Koks und alle rauchen Crack. Alle! Ein Gramm Koks kostet hier 15 Euro. Die hauen sich das Zeug hier kiloweise weg. Das ist nicht wie in Europa. Das gehört hier zum Alltag, wie die Zigarette in Europa“ An der Grenze zu Guatemala liegt Chiapas, ein Bundesstaat Yucatans und das größte Drogenanbaugebiet Mittelamerikas. Aus Chiapas kommen mehr Drogen, als aus gesamt Kolumbien. Während er mit einem Strahlen im Gesicht weiter berichtet, schiebt sich instinktiv meine Hand vom Flaschenbauch meines Biers über die Flaschenöffnung. Zuhalten., bloß zuhalten…
Ina
Ich liebe es wie du schreibst 😀 😀 😀
Daumen hoch!