King & Queen für einen Tag

King & Queen für einen Tag


Heute bin ich zu einer muslimischen malaysischen Hochzeit in Singapur eingeladen…ein Erlebnis sondergleichen. 1000 Gäste werden erwartet. In Erwartung einer ähnlichen Hochzeitszeremonie, wie sie türkische Staatsbürger in Deutschland praktizieren, mache ich mich auf den Weg. Doch mich erwartet eine völlig andere, völlig fremde und sehr beeindruckende Vermählung.

Die Zeremonie findet an 2 aufeinanderfolgenden Tagen statt. Der erste Tag dient der eigentlichen Vermählung durch einen Kadi, den malaysischen Standesbeamten. Hier sind in der Regel nur Familienmitglieder und enge Freunde eingeladen. Der Bräutigam und seine Begleiter (Freunde und Verwandte) werden vor dem Haus der Braut mit Trommlern (Kompang) empfangen. Er bringt Gastgeschenke (Hantaran) mit und übergibt sie der Braut.

Vor dem Kadi und der versammelten Familie beschwört der Ehemann zunächst in einer Art mündlichem Vertrag vor Zeugen, seine Frau stets gut zu behandeln und für sie zu sorgen, das übliche Ehegelübte. Dies unterzeichnet er anschließend im Ehevertrag und besiegelt die Ehe mit einem offiziellen kleinen Geldgeschenk (Mas Kahwin) an die Braut.

Daneben gibt es jedoch auch noch die wesentlich höhere Ablösesumme (die, wenn die Braut international erfolgreich Fußball spielt, Millionen betragen kann, Beispiel: David Beckham). Dies ist der Teil, der in westlichen Länder oftmals als ein Freikaufen der Braut aus der Familiengemeinschaft verstanden oder missverstanden wird, darüber möchte ich mir kein Urteil erlauben. So ist es Brauch und fester Bestandteil der Zeremonie. In der Regel gibt die Braut das Geld an ihre Mutter weiter, die für die Organisation und Bezahlung der Hochzeitszeremonie verantwortlich ist und so einen Teil der Unkosten „erstattet“ bekommt. Sie ist es auch, die den „Preis“ der Braut bestimmt, der in der Regel um die 6000,- € beträgt (so zumindest der aktuelle Marktpreis). Wer die Braut tatsächlich heiraten möchte, sollte vom balinesischen Handeln ála „cheap cheap“ absehen. Und wie überall gilt auch hier, Qualität hat ihren Preis, doch „Made in Malaysia“ ist garantiert!

Resepsi, die Hochzeitsfeier findet am Folgetag statt. Hierzu werden um die 1000 Gäste eingeladen. Das für mich kuriose: Braut und Bräutigam feiern getrennt. Eigentlich praktisch, so können Aufeinandertreffen mit peinlichen, betrunkenen Verwandten der Gegenseite vermieden werden. Zunächst feiert der Bräutigam auf der Brautseite, nach einigen Stunden wechselt das Paar zur Feier des Bräutigams. Die Location: im Eingangsbereich des Wohnkomplexes des Ehepaares. Hier finden alleine heute 3 Hochzeiten statt.

Das Buffet übertrifft meine Erwartungen. Während es auf türkischen Hochzeiten (zumindest in Deutschland) üblich ist, ein relativ einfaches Essen zu servieren (gegrilltes Hähnchen), fahren die Malayen ein üppiges Buffet auf. Lamm, Rind (Vorsicht scharrrrrf), Chicken, Riesengarnelen, diverse Beilagen, Nachtisch bis zum Abwinken, Früchte, Eiscreme- und Zuckerwattemaschinen, alles was mein Herz begehrt.

AH I LOVE MALAY WEDDINGS.

Einzig Sorge macht mir diese seltsam gülleartige Süßspeise, um die ich einen Bogen mache.

Als Getränk wird eine giftgrüne, jedoch wohlschmeckende Hochzeitslimonade serviert, Alkohol Fehlanzeige – wir befinden uns auf einer muslimischen Hochzeit (wie konnte ich nur das obligatorische Vorsaufen vergessen).

Am Buffet sollte man sich nur mit der rechten Hand bedienen, da die Linke im allgemeinen als unrein gilt. Unwissenden ignoranten Westlern wird jedoch einiges verziehen.

Kurios, die Garnelen- Reishochzeitstorte! Yummi!

Jetzt wird es aber höchste Zeit, sich ungesehen am Buffet zu schaffen zu machen.

Die Gäste tragen tolle farbenfrohe traditionelle Kostüme. Die gesamte Hochzeitsgesellschaft wirkt wie ein Märchen aus „1000 und eine Nacht“. Hinreissende malaysische Frauen machen das Event zu einem wahren Fest für Hochzeitscrasher.

Das absolute Highlight für mich jedoch ist das Hochzeitspaar auf dem eigens für sie angefertigten Thron (Pelamin). Gigantisch! In aufwendigen Kostümen, die sie während des Tages wechseln, werden Braut und Bräutigam für diesen besonderen Tag hofiert, wie König und Königin. Sehr beeindruckend (ich will auch!). Die Braut hat vermutlich ein intensives Nackenmuskeltraining absolviert, um den kiloschweren pharaonenähnlichen Kopfschmuck tragen zu können (1. Bild), eine wunderschöne Braut und ein nicht minder gut aussehender Bräutigam auf einem toll geschmückten Hochzeitsthron…man sieht ihnen die Strapazen der Zeremonie nicht an, sie genießen jede Minute.

Für eine kurze Weile, wird das Elternpaar auf dem Thron platziert. Braut und Bräutigam drücken ihren Dank und Respekt aus und küssen, vor dem Thron kniend die Hände ihrer Eltern. Anschließend gratulieren alle Gäste dem Brautpaar und es findet eine ausgiebige Fotosession statt. Mehrere Fotografen und ein (recht professionell wirkender) Kameramann mit einem riesen Gerät zeichnet die Hochzeit auf Band auf.

Vor dem Thron finden musikalische oder tänzerische Darbietungen statt. Die Hochzeitsgesellschaft selbst, tanzt jedoch nicht (malaysische Tradition sei Dank). Später folgt noch ein lustiges Karaoke singen. Die Stimmung auf der Hochzeit ist relaxed, ein lockeres Beisammensein mit gutem Essen und einem gut gelaunten Hochzeitspaar. Jegliche verkrampfte Anspannung wie ich sie teils auf deutschen Hochzeiten erlebe, fehlt. Kein Wunder, peinliche Hochzeitsspiele, um Brautpaar und Gäste bloßzustellen, gibt es wohl nur in Deutschland. Auch Spiele zur Eintreibung großer Geldmengen für das Brautpaar finden nicht statt.

Ganz schön nice! Nach diesem Tag steht fest, ich will auch so einen bunten Apparat tragen und im fetten Königssessel hofiert werden, eine malaysische, öläugige Schönheit mit Pharaonengold auf der Rübe, neben mir sitzend.

Also kann das nächste Projekt nur heißen: „Jonny heiratet malaysisch!“

 

Weiterlesen macht klug

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2 comments

  1. Judith

    Klingt doch super, ich hab die muslimische Feier auch noch vor mir, aber erstmal muss ich die deutsche Hochzeit feiern. 🙂 Nur so üppig wirds bei uns leider nicht. Und 6.000 EUR hat mein Mann auch nicht für mich bezahlt… Malaysierin müsste man sein. 😉

    • admin

      Super Judith, geniess es. Die Feier wird sicher ein Erlebnis!